Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Stephaneum, des Beruflichen Gymnasiums der Berufsbildenden Schule I des Salzlandkreises WEMA und der Oberschule „Martin Andersen Nexö“ aus Zschopau stellten sich Ende September während einer Studienfahrt nach Krakau dem Thema Holocaust. Was sie alles erlebt haben und wie sie damit umgehen wollen.
Grauer Himmel, trübe Stimmung und Fassungslosigkeit in den Gesichtern: Die Jugendlichen begeben sich zum Stammlager Auschwitz I und spätestens, als sie durch das Eingangstor mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“ gehen, wird ihnen die Ernsthaftigkeit dieser Fahrt bewusst.
Unter dem maßgebenden Titel „Erinnern für die Zukunft“ veranstalten Lehrer aus den Bereichen Ethik, Religion und Geschichte jährlich eine einwöchige Studienfahrt nach Krakau. Seit einigen Jahren wird sie vom Herbert-Wehner-Bildungswerk e.V. Dresden unterstützt.
Die diesjährige Gruppe machte sich bereits am Sonntagmorgen auf den Weg. Neun Stunden später in Krakau angekommen, konnten die Schüler nach dem Abendessen im Hotel noch kurz die Stadt erkunden. Wichtig war den Lehrern jedoch, dass sie früh schlafen gingen, da am Montag der sowohl körperliche als auch psychisch schwerste Tag auf dem Programm stand. Im Rahmen einer achtstündigen Fachführung in zwei Gruppen besuchten die Schüler am Montag das Museum Auschwitz-Birkenau. Während der Besichtigung des Stammlagers Auschwitz I wurden sie über die Praxis der nationalsozialistischen Konzentrationslager und über das Lager Auschwitz informiert. Nach der Mittagspause begaben sich die Gruppen in das ehemalige Außenlager Birkenau. Dort besichtigten sie Häftlings- und Sanitärbaracken, die die Lebenssituationen der Lagerinsassen eindrücklich vor Augen führten. Vielen Schülern war dabei sichtlich anzumerken, wie nahe ihnen das Gesehene und Gehörte ging. Die Besichtigung zeigte, wie die Menschen behandelt wurden, nachdem sie ins Lager kamen. Den Rückweg zum Eingang nutzten die Schüler für Gespräche und stellten den Guides weitere Fragen.
Der Dienstag stand ganz im Zeichen der Geschichte der Krakauer Juden. Gemeinsam mit zwei Stadtführerinnen erkundeten die Schüler unter anderem das ehemalige jüdische Stadtviertel Kazimierz, besichtigten die aktive Remuh-Synagoge und den alten jüdischen Friedhof. Außerdem entdeckten sie an vielen Stellen alte und auch neue Spuren jüdischen Lebens. Nach einer kurzen Stärkung in der Mittagspause ging es in das ehemalige Ghetto Podgorze. Neben den ehemaligen Ghettomauern und dem Platz der Ghettohelden, konnten wir auch Drehorte des Films „Schindlers Liste“ besuchen. Nach diesem ganztägigen Fußmarsch mit etwa 15 Kilometern durften die Schüler anschließend noch etwas Freizeit genießen.
Am nächsten Morgen sahen die Schüler den Film ,,Schindlers Liste“, der sowohl die Grausamkeit der Nationalsozialisten als auch die Menschlichkeit und den Mut von Oskar Schindler und Itzhak Stern eindrücklich darstellt. Nach der Mittagspause gab es für die Schüler verschiedene Wahlprogramme, um die Stadt besser kennenzulernen. Eine Aufgabe war es dabei, mit einem Krakauer Einwohner ins Gespräch zu kommen, seine Geschichte zu erfahren und ein gemeinsames Foto zu machen. Am Abend genossen die Schüler im Restaurant „Ariel“ ein Drei-Gänge-Menü mit typischen jüdischen Speisen. Das Highlight war der Auftritt des Trios „Di Galitzyaner Klezmorim“, dessen Musiker mit Kontrabass, Klarinette und Akkordeon auf höchstem musikalischen Niveau unterhielten.
Auch am letzten Aufenthaltstag in Krakau hieß es noch einmal Konzentration. Am Vormittag trafen sich die Schüler mit der Zeitzeugin Lidia Maksymowicz, die als Kleinkind nach Auschwitz kam und das unsägliche Glück hatte, zu überleben. Sie berichtete von ihren Erlebnissen und Erinnerungen aus den Augen eines Kindes und zeigte den Schülern dabei auch ihre Nummer auf ihrem Unterarm. Oft war in den Schüleraugen Fassungslosigkeit zu sehen. Am Nachmittag sprachen die Schüler gemeinsam mit den Lehrern in einer Feedbackrunde noch einmal über die Studienfahrt und das Gesehene und Gehörte. Dabei waren sich die meisten einig, dass die Geschehnisse des Holocaust nicht in Vergessenheit geraten dürfen, sondern für immer als deutliche Warnung vor Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus und als mahnender Aufruf zu Toleranz und Akzeptanz bleiben müssen.
Am Freitagmorgen ging es mit neuen Eindrücken und Erfahrungen im Gepäck zurück nach Aschersleben. Den Schülern wird diese Woche noch lange im Gedächtnis bleiben. Ihre Aufgabe besteht nun darin, ihre Erlebnisse weiterzuerzählen. Wie es der Leitspruch der Studienfahrt ausdrückt, soll man sich für die Zukunft erinnern.
Sina Schmelzer (BG 23 GB)